2012/07/16

Eltern und Eltern

Als ich schwanger wurde, habe ich eines immer besonders betont: mit anderen Eltern möchte ich möglichst nichts zu tun haben. Denn das einzige was man gemeinsam hat ist ja das Kind- das kann doch nicht reichen! Dass das eine ziemlich große Gemeinsamkeit ist, und durchaus reicht, ist mir erst aufgegangen als ich dann tatsächlich Mutter wurde und das Bedürfnis hatte mich mit anderen auszutauschen.
Aber zunächst einmal habe ich gewettert: Eltern sind anstrengend, dogmatisch was Erziehungsfragen angeht, vergleichen ihren selbstverständlich hochbegabten Sprössling ständig mit meinem, wissen alles und sowieso besser, und finden nur sie selbst haben die absolut richtige Art mit einem Kind umzugehen.
Die schlechte Nachricht lautet: viele sind wirklich so. Man (Frau) MUSS stillen, das Kind MUSS mit im Elternbett schlafen (oder im Beistellbett oder im eigenen Bett), Babies MÜSSEN unbedingt möglichst viel im Tuch getragen werden, usw usf..
Und alle, die das nicht tun, sind schlechte Eltern. Kommt das jemandem bekannt vor?
Gut, zwar stille ich; Levi schläft in unserem Bett und wir schleppen ihn auch gerne im Tuch oder in der Manduca herum- aber 'leben und leben lassen', oder? So lange niemand zu Schaden kommt, ist es mir völlig wumpe wie andere das machen. Das gleiche nehme ich aber auch für mich in Anspruch!
Aber jetzt die gute Nachricht: Einige andere sehen das genauso.
Zum Glück habe ich bei meinem Rückbildungskurs einige Muttis getroffen, die zwar unterschiedlicher nicht sein könnten, aber alle entspannt, humorvoll und überhaupt nicht mit dem Anspruch des Allwissens mit der neuen Situation umgehen. Das, was ich von mir auch behaupte! Und genau das, was ich gesucht habe.
So ist unser wöchentlicher Babytreff entstanden, wo wir uns je nach Wetter in einem Café, Park oder auch in einer unserer Küchen gemütlich zusammenfinden, Kaffee trinken, den Babies beim rumölen zuschauen (von spielen kann noch keine Rede sein, es ist eher ein großes Hand-und Fussgemenge) und uns ungeniert über Themen austauschen, die sonst niemanden, wirklich niemanden der nicht gerade in derselben Situation ist, interessieren. Denn meine (kinderlosen) Mädels möchte ich mit den für mich im Moment weltbewegenden Themen wie Farbe und Konsistenz von Stuhlgang (des Kindes!) oder den Tücken der Breiherstellung nicht belästigen. Und wie gut das tut darüber zu quatschen, das glaubt man ja nicht!
Da ist M., ein quirliger Wuselkopf mit Haaren wie aus der Steckdose, die gefühlt 300 Wörter in der Sekunde sprechen kann und eine Tochter hat, die aussieht wie ein Riesen-Monchichi. Sie ist jemand, mit der ich selbst ohne Baby neben einem ähnlichen Humor jede Menge Gemeinsamkeiten habe. Wir treffen uns auch gerne mal zu zweit, bummeln durch die Stadt oder lungern stundenlang in unserem neuen Lieblingscafé herum (solange die Kleinen uns den Gefallen tun zu schlafen).
Dann  ist da B., eine Berlinerin, ursprünglich aus Marokko, die mit einem herrlich französichen Akzent Dinge sagt wie: 'Aber ein Glas Champagner geht doch trotz des Stillens immer, oder? Oder??? (worauf M. und ich uns beschämt ansahen und dachten: Gott, sind wir spiessig- 1,5 Jahre und kein Tropfen!).
L., ist Anfang Zwanzig, ihr Sohn "ungeplant, aber sehr willkommen", studiert Lehramt und ist eher nachdenklich und bedacht. Dass sie ca 10 Jahre jünger als wir anderen ist, merkt man ihr überhaupt nicht an.
R. ist Anfang Vierzig und ihre Tochter "ungeplant, aber sehr willkommen-nach dem ersten Schock!", hatte nach drei Wochen "die Schnauze voll vom Stillen" und geht ab August auch direkt wieder arbeiten. Da muss die Kleine dann halt mit acht Monaten in die Kita. Für mich wär das nix, aber wie gesagt, leben und leben lassen!
Zu guter letzt ist da N., die noch während der Schwangerschaft vom Vater des Kindes auf Nimmerwiedersehen sitzengelassen wurde und die schwierige Situation mit einer bewundernswert unverbitterten Grazie und Gelassenheit meistert. Leider ist der Kleine dem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten. Das muss dann doch nicht sein, oder?
Das ist also unser kleiner Haufen zusammengewürfelter Neu-Mütter, und, wer hätte das gedacht- ich freue mich jede Woche wieder auf unser Treffen. 
Nächstes Mal gehts zu B.- ich bin gespannt ob sie uns ein Champagnerfrühstück anbietet!

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