2013/05/13

Muttertag

Am Morgen des Muttertages steht eine Frau in ihrem Lieblingscafé an der Kuchentheke, und ist im Begriff noch schnell ein paar Geburtstagsleckereien für ihre Schwester zu kaufen. 
Ein kleiner, rundlicher Junge betritt den Laden und zeigt freudestrahlend auf einen pinken Kuchen in Herzform, auf dem in großen Marzipanbuchstaben "Für die beste Mama" geschrieben steht. "Den nehme ich!", sagt er, und reicht dem Verkäufer stolz einen zerknitterten Zehn-Euro-Schein. "Das reicht leider nicht" antwortet dieser, "der Kuchen kostet zwölf Euro." Die großen, runden Kinderaugen werden feucht. Vermutlich hat er sein ganzes Taschengeld zusammengekratzt, um seiner Mutter an diesem Tag eine besondere Freude zu machen. Mit hängenden Schultern dreht der Kleine sich um und schickt sich an, das Geschäft mit leeren Händen zu verlassen. "Psst" flüstert ihm die unbekannte Frau zu. Sie hat gerade ihr Wechselgeld erhalten und drückt ihm ein Zwei-Euro-Stück in die Hand. "Grüß mir deine Mutter unbekannterweise" sagt sie, und verschwindet in den wunderschönen Frühlingsmorgen.

2013/05/06

16 Monate

Lieber Levi,
seit gestern bist du ganze energieleadene, fröhliche 16 Monate alt. Zufällig hatte auch deine Oma Geburtstag, und so konntest du bei dem schönen Wetter im niegelnagelneuen Sandkasten bei den Großeltern spielen und der Oma helfen den Garten zu harken. Deine Mutter hat derweil gemütlich in der Sonne gesessen und eine Weissweinschorle Apfelschorle getrunken. 
Aus irgendeinem Grund liebst du Besen, sei es der eklige Besen aus unserem Hausflur (wem gehört der eigentlich?) oder der Terrassenbesen bei meinen Eltern. Und da ich versuche eine gute Mutter zu sein, habe ich dir neulich deinen höchsteigenen (sauberen) Kinderbesen aus Holz gekauft. Den liebst du so sehr, dass es für dich nicht mehr zumutbar ist, ohne ihn zu essen, zu baden, oder zu schlafen. Ich hoffe, die Phase geht schnell vorbei! Es stört dich überhaupt nicht, dass das Ding durch den langen Stiel etwas unhandlich ist, aber du bekommst ihn ja auch nicht dauernd an den Kopf, das ist deine Mutter. Die hält die Birne aber auch garantiert immer trottelig in den Weg. Nun ja.
Du weißt wo deine Nase, Mamas Nase, deine Ohren, Mamas Ohren, Beine, Füsse und Augen sind. Wenn man sagt: "Levi, mach mal Ei", dann streichelst du einem, mit all der grobmotorischen Sanftheit die dir möglich ist, über den Kopf.
Wenn ich dich morgens fertig angezogen habe, wackelst du gerne in deinen Puschen Richtung Wohnungstür und schleppst eifrig deine Schuhe an damit ich sie dir anziehe. Wenn ich Glück habe, sind es zwei gleiche. Dann entschwindest du wieder, man hört dich ächzen und schnaufen, und du stehst mit einem meiner Gummistiefel im Kinderzimmer. Was solls, er wird angezogen. Ein Turnschuh folgt. Her damit-wenn es dich glücklich macht. Jetzt wird ein neues Oberteil aus dem Schrank geholt und mir auffordernd hingehalten. Auf die Frage, ob du jetzt lieber dieses anhättest, nickst du sehr bestimmt mit dem Kopf. Denn Nicken und Kopfschütteln- damit kommst du gerade gut durch die Welt. Wenn du etwas nicht möchtest, drehst du denn Kopf engagiert nach links und rechts und machst in dringenden Fällen (noch etwas Spinat,Mäuschen?) noch eine abwehrende Geste mit der Hand (NEIN, DANKE, Mama!). Also ziehe ich dir den neuen Pulli an. Was der Herr wünscht- ist doch gern geschehen.
Wenn wir also beide zu deiner Zufriendenheit angezogen sind, gehen wir auf den Spielplatz. An guten Tagen habe ich überprüft ob ich zwei gleiche Schuhe anhabe. 
Dort angekommen, isst du erstmal genüsslich ein paar Hände Sand, bis deine Mutter das bemerkt und etwas hektisch aber erfolglos versucht, dir den Mund auszuwischen. Ich schlage dann erstmal die Schaukel vor. Darauf hast du nur gewartet, denn schaukeln ist das allerallerschönste. Triumphierend stapfst du schonmal in die Richtung.  Ich nehme dich dann auf den Schoß und wir schaukeln eine gefühlte Dreiviertelstunde, jedenfalls wenn sonst keiner ansteht. Du lehnst den Kopf an und geniesst. Dabei habe ich das Gefühl, dass der Akt des schaukelns für dich fast etwas meditatives hat. Wenn ich nach einer Ewigkeit anhalte und dich absetzen möchte, klammerst du dich an mir fest, nickst mehrmals mit Nachdruck und deutest so an, dass wir gerne noch ein, zwei Stündchen weiterschaukeln dürfen. Wenn es dem Herrn dann genehm ist, oder ein anderes Kind neben uns "schaukälllln, schaukällln!!!" schreit, begeben wir uns nach einem kurzen Zwischenstop an der Rutsche zurück zum Sandkasten. Ich backe dir ein paar Sandkekse, und jedesmal wenn ich ein Förmchen umdrehe, lachst du begeistert auf. Der Wahnsinn! Was die Mama alles kann! Mir ist schon klar, dass ich etwas mehr bringen muss, wenn du, sagen wir mal, 15 bist. Aber jetzt, jetzt reichen ein paar Sandkuchen. Auf dem Rückweg gibt es für jeden von uns einen Friand in unserem Lieblingscafé-ein kleiner Zuckerschock am Tag darf mittlerweile sein!
Was ist sonst noch neu? Du hast entdeckt, dass es nicht nur superwitzig ist wenn du gekitzelt wirst, nein, das kannst du doch selber auch! Also wird die Mama am Rücken, am Hals und an den Füssen gekitzelt und wir lachen uns beide kaputt. 
Wenn du deinen geliebten Schnuller suchst, sagst du laut "WAHWAH, WAHWAH!" Zählt das schon als Wort? Deine Eltern verstehen auf jeden Fall was du meinst. Das Leben mit dir wird jeden Tag schöner und spannender, denn du lernst und entdeckst quasi stündlich neues. Wie man eine Flasche zudreht, wie man einen Schalter bedient, wo man an der Salatschleuder drehen muss. Man kann praktisch dabei zusehen, wie sich in deinem Hirn die Synapsen verknüpfen. Du weisst genau, in welcher Schublade sich deine Sesamstangen und anderen Snacks befinden, und gehst gerne wie selbstverständlich in die Küche und steckst deinen ganzen Oberkörper hinein. Nachdem wir dich mal mit einer Reiswaffel im Mund und einem Keks in jeder Hand erwischt haben, ist die Schublade abgeschlossen. Auch Eltern müssen lernen. Du liebst deine Bilderbücher, deine Stofftiere (Dada, Elmo und die Katze) und machst gerne mit Kochlöffeln und Töpfen Krach. Und bist trotzdem so lieb und anschmiegsam wie man es sich nur wünschen kann. Zum Einschlafen singe ich dir ein "Best-of-Schlaflieder"- Medley vor: "der Mond ist aufgegangen", "Weisst du wieviel Sternlein stehen", und der Evergreen "Lalelu". Meistens entschlummerst du dann sanft. Manchmal hast du aber auch überhaupt keine Lust zu schlafen oder bist noch gar nicht müde-dann wird halt nochmal im Kinderzimmer gespielt. Wenn ich nicht müde bin, kann ich ja beim besten Willen auch nicht einschlafen, deshalb verstehe ich das. Und als Mama kann man ja ein "ich muss mich noch etwas wälzen" von "ich bin wirklich nicht müüüüüde, ich könnte Bäunme ausreissen" unterscheiden. So haben wir auch Abends nie wirklich Stress. Ausser ich bin, im Gegensatz zu dir, todmüde und möchte einfach nur aufs Sofa. Aber da kannst du ja nix dafür, und den Schuh ziehst du dir auch nicht an-dann erst recht!
Ich versuche jeden Tag eine gute, geduldige, liebevolle Mutter zu sein.  Ich weiß nicht, ob ich das schaffen werde, aber ich weiß, dass du es mir so einfach wie möglich machst.
Love, Mama

Besen?-check. Sandkasten?-check. Mehr braucht ein Levi nicht!