2013/04/05

attachment parenting

In der aktuellen Printausgabe der Eltern geht es um die bedürfnisorientierte Erziehung: zehn Familien haben getestet, wie es ist, 20 Tage lang das Baby nach Bedarf zu stillen, im Familien-, oder Beistellbett schlafen zu lassen, das Kind in den Schlaf zu begleiten, es nicht schreien zu lassen und auch noch soviel wie möglich zu tragen. 
Der zuständige Experte fragte sich vorher, ob sich wohl so viele Familien finden liessen, die sich auf ein Experiment dieser Art einlassen würden, da so ein Ansatz für die meisten Eltern heutzutage ja radikal erscheinen müsse. Passend dazu lautet der Titel auch provokant: 'Wenn das Baby der Boss ist'. 
Also, bei uns ist niemand der Boss, und wenn überhaupt, dann mein Mann und ich- denn wir sind schliesslich die Erziehungsberechtigten. Und trotzdem wundert es mich, dass die oben genannten Punkte vielen Menschen anscheinend fremd, oder völlig neuartig erscheinen. Wir haben uns nie hingesetzt und festgelegt, wie genau wir unser Baby erziehen wollen. Liebevoll und konsequent, das war klar. Aber sonst? Das wollten wir auf uns zukommen lassen, und schauen was sich für alle drei gut anfühlt. Als Levi dann da war, erschien vieles der bedürfnisorientierten Erziehung einfach völlig natürlich und selbstverständlich. Und, ehrlich gesagt, auch einfach praktischer! So haben wir einfach aus dem Bauch heraus entschieden, das Kind im Beistellbett (und später im Familienbett) schlafen zu lassen. Weil das Kinderzimmer zu weit von unserem Schlafzimmer entfernt ist, und ich zum stillen nicht jedesmal aufstehen wollte. Eine Frau braucht ihren Schlaf-und am Anfang hat man davon ja eh viel zu wenig. Später dann war es einfach gemütlich (ich empfehle allerdings auch ein 1,80 Meter Bett wie bei uns). Den kleinen Wurm, gerade erst aus dem warmen, sicheren Bauch geschlüpft, ganz alleine in ein für ihn riesiges, weit von den Eltern entferntes Bett zu legen, hätten wir nicht übers Herz gebracht. Und stillen NICHT nach Bedarf-gibt es das überhaupt? Dann wäre ich ja übergelaufen, und wozu sollte man so ein kleines Wesen denn warten lassen? Wo Levi doch sowieso bei jedem Hüngerchen schon dachte, er würde verhungern und das auch lautstark kund getan hat. Dann stillt man halt mal unterwegs, na und? Muss ja nicht jeder sehen, wenn einem (so wie mir) das unangenehm ist. Ich sage nur soviel: Karstadt und C&A haben sehr geräumige Umziehkabinen! H&M kann ich nicht empfehlen, in dem Licht hatten sogar meine Oberarme Cellulite, und wenn man da sitzt und stillt, hat man genug Zeit jede Beule ausgiebig zu bewundern.
Schreien lassen kam sowieso nie in Frage, und da Levi sich am Anfang nicht ablegen liess, habe ich meinen Sohn die ersten Monate fast ausschliesslich getragen. Ich hatte das Gefühl, dass er die Nähe einfach brauchte, und da so ein kleiner Wurm erstmal ankommen muss in der Welt und sowieso nicht aus Berechnung schreit, habe ich ihm alle Nähe gegeben die er verlangte. Mich überrascht diese Diskussion auch insofern,als Dinge wie feste Mahlzeiten, schlafen im eigenen Bettchen oder der Kinderwagen alles Produkte der Moderne sind. Kinder sollen so früh wie möglich dazu erzogen werden selbstständig zu sein, und nicht zu nerven. Wehe, sie bringenden schön kultivierten Tagesablauf durcheinander! Aber warum? Kinder sind genau dafür da, sie brauchen viel Nähe, Zuwendung und Geborgenheit. Sie sind eben nicht sofort selbstständig, sonst hätte Mutter Natur es so eingerichtet, dass sie nach der Geburt wie ein kleines Fohlen einfach aufstehen und losrennen.
Ich habe das Gefühl, dass die Form des "attachment parenting", die wir (bisher unbewusst) verfolgen, aus unserem Baby ein sicheres, geborgenes und zufriedenes Kind gemacht hat. Natürlich respektiere ich alle anderen Ansätze,denn jedes Kind und jede Familie ist anders, würde mir aber wünschen, dass man nicht mehr als Exot gilt, wenn das Kind noch mit 15 Monaten im Elternbett schläft, es immer noch nicht schreien gelassen wird, und wir Abends bei ihm sitzen und ihn in den Schlaf begleiten. Nur tragen, tragen kann ich den kleinen Klops wirklich nicht mehr.
Was meint ihr dazu? Ich würde zu gerne eure Meinungen hören!
Love, Blinki

8 Kommentare:

  1. Hallo Blinki,
    Ich bin auf deinen Blog durch instagram aufmerksam geworden und kann dur nur zu 1000% beipflichten. Ich habe den Artikel auch gelesen und mir ging es wie dir . Das die daraus jetzt einen Erziehungsstil machen und dem ganzen einen neumodischen namen geben ist doch quatsch. Wir haben nichts so geplant wie es dann gelaufen ist. Wir hatten einen Kinderwagen gekauft den ich dann 1 jahr hab stehen lassen. Mein Sohn und ich haben das Tragen geliebt! Genauso ging es uns mit dem Familienbett . Besonders mein Mann profitiert davon weil unser Sohn sich immer an ihn Kuschelt. Nie hätte ich gedacht das ich 16 Monate stille ( und kein ende in sicht) ich schimpfe mich jetzt " langzeitstillmama" was für ein schreckliches Wort. Und natürlich nach Bedarf ,wonach den sonst!?Unser Beikoststart war ganz untypisch mit 7,5 monaten und wir haben BLW gemacht . Da unser Zwerg kein Brei wollte und ihn zu zwingen kähme mir nie in den Sinn!
    Ich finde es Blöd in eine Schublade gesteckt zu werden, schliesslich ist das UNSER weg .Das muss nicht für jeden passen. Wir fahren sehr gut damit auf unseren Sohn und unser Bauchgefühl zu hören. Das kann bei jedem anders aussehen.
    Ganz liebe Grüße
    Mamavonmax

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  2. P.s natürlich schläft er bis er 18 ist bei uns und getragen wird er auch bis zum Abitur und das Stillen hören wir dann auf wenn die Freundin mich ablöst ;-)

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    1. Haha, liebe Yvi, genau so machen wir es auch! Und ich bringe ihm seine Stulle später auch bis in den Uni-Hörsaal hinterher :-). Vielen Dank für deinen Kommentar, es tut gut zu hören, dass man nicht alleine mit seinen Auffassungen ist.

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  3. Hallo! :-)
    Als ich davon gehört habe (also dem Artikel), dachte ich erst, die spinnen. Dschungel-Camp für AP, oder was?
    Wir orientieren uns auch einfach an den Bedürfnissen unserer Tochter und das macht uns allen das Leben einfacher.
    Die doofen Kommentare nerven mich auch (nein, sie schläft nicht in einem Kinderzimmer, nein, wir schaffen uns keinen Buggy an, sie will eh nur getragen werden, nein, sie schläft nicht durch, ja, wir stillen noch, nein, sie isst keinen Brei etc.), meist verfahre ich nach der Devise stur lächeln und winken. Unser Kind, unsere Entscheidung! :-)
    Kennst du die Seite rabeneltern.org? Dort gibt es auch ein Forum mit vielen Usern, die so "ticken wie wir". ;-)
    Das finde ich zum Austausch ganz angenehm, da wird man wenigstens nicht so schräg angeguckt, wie in den gängigen Krabbelgruppen...
    Oder wir treffen uns einfach mal, die Kinder hätten bestimmt Spaß :-D
    Liebe Grüße!

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    1. Lächeln und winken, sehr gut! Werde ich mir merken. Vor allem wenn meine Mutter mal wieder anfängt mit "Aber ihr müsst dringend mallagsam...."- "Tüdelüt-wir müssen gar nichts. Winke Winke!" Danke für den Tip-werde mir die Seite direkt mal ansehen. Und wir gründen unsere eigene Krabbelgruppe :-)!

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  4. Ich habe mich auch sehr lange mit dem Thema beschäftigt. Und für mich ist klar, dass es nichts über eine gute Beziehung (Bindung, engl. Attachment) geht.

    Alleine nur, wenn ich mir das Thema Babytragen als eine ganz wesentliche Praxis (neben bedürfnisorientiertem STillen, Familienbett u.a.) zur Stärkung der Eltern-Kind-Beziehung ansehe: was es hier mittlerweile an neuen Erkenntnissen gibt, die allesamt die herkömmliche Vorstellung davon, wie Babys oder wir Menschen funktionieren, völlig auf den Kopf stellen --> seht bspw. hier einmmal rein: http://www.trageboutique.eu/expertenmeinungen

    Sehr gut finde ich dort diese Tatsachen zB in der Babytragefibel beschrieben. Wenn wir Eltern unseren Kindern nicht schon lernen, dass sie ihrem Körper und ihren Bedürfnissen vertrauen können (und letztendlich auch uns Eltern), ja bitteschön, wer den dann? Dann ist es nicht nur ein Wunder, dass sich heute so viele gegenüber ihrem eigenen Körper immer mehr entfremden (Essstörungen, Depressionen etc.) sondern auch den Eltern und anderen Mitmenschen gegenüber. Liebe Grüße

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    1. danke für deinen kommentar! die seite schaue ich mir auch gerne mal an. ich denke auch, dass gerade das tragen in den ersten monaten super wichtig für die bindung ist. auch mein mann hat den kleinen gerne ins tragetuch, bzw später in die manduca genommen. und sobald er im tuch war,hat er geschlafen wie ein stein, ich habe sogar die wohnung mit ihm im tuch geputzt :-).zum thema bedürfnisorientiert sagte meine hebamme immer:im ersten jahr schreit das kind ausschliesslich weil es irgendetwas hat, oder ihm etwas fehlt. kein kind schreit aus berechnung, deshalb sollte man auch direkt darauf eingehen. ich habe mir das sehr zu herzen genommen und mein kind war von anfang an zufrieden.

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  5. Als unsere Tochter zur Welt kam, hatten wir noch nie von Attachment Parenting gehört. Trotzdem haben wir eben das gelebt. Aus dem einfachen Grund, dass es gar nicht anders ging. Sobald ich unsere Tochter ins Kinderbettchen oder in den Kinderwagen gelegt habe, war sie spätestens nach 5 Minuten wach und LAUT. (Sogar direkt nach der Geburt - wo viele Babys ja erstmal k.o. sind - wußte sie sehr genau, dass sie NICHT ins Beistellbett will.) Also haben wir sie im Elternbett schlafen lassen, nach Bedarf gestillt und die ersten 5 Monate getragen. (Geweint hat sie trotzdem viele Stunden pro Tag, aber unser Ausprobieren hat gezeigt, dass sie im Tragetuch am Glücklichsten war.)

    Nach 5 Monaten ist unsere Tochter dann mobil geworden und richtig losgerobbt - ab dem Zeitpunkt wollte sie nicht mehr oft ins Tragetuch - mit 6 Monaten ist sie gekrabbelt und mit 7 Monaten aufgestanden und mit Hilfe von Ikeakörben durchs Haus gelaufen.
    All die Vorhersagen aus meiner Familie, dass ein Kind, dass viel getragen wird, einen krummen Rücken bekommt und außerdem nie das Laufen lernt, hat meine Tochter mit viel Elan widerlegt. :-)

    Jetzt ist sie 3 Jahre alt. Sie schläft immer noch im Elternbett und auch das Abstillen hat bislang nicht geklappt. Gestillt werden ist für sie super-wichtig, wobei sie an manchen Tagen/Nächten viel bei mir trinkt, an anderen fast nicht.

    Eine Kritik am Attachment Parenting, die ich gelesen habe, war, dass Mütter dadurch so eingespannt wären, dass das nur was für Mütter ohne Beruf wäre, etc. Das kann ich so nicht bestätigen. Unsere Tochter ist seit sie etwa 1 Jahr ist an 4 Tagen in der Woche bei einer Tagesmutter und ich arbeite. Man kann Langzeitstillen also durchaus mit Berufstätigkeit verbinden.

    Wie wird's bei uns weitergehen? Keine Ahnung. Ich bleibe spontan. :-) Im Juni kommt unser 2. Kind zur Welt, das wird auf alle Fälle spannend. ;-)

    Zum Charakter unserer Tochter kann ich jedenfalls sagen, dass sie sehr selbstbewußt und zielstrebig ist. Nachts braucht sie ihre Kuscheleinheiten, aber tagsüber ist sie super-selbstständig.

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